Eine schlechte Ernährung kostete im Jahr 2017 elf Millionen Menschen das Leben – so das Ergebnis einer aktuellen Studie. Schuld daran: zu viel Natrium und zu wenig Obst auf dem Speiseplan. Das ist wenig überraschend.
Üblicherweise geht es bei der Diskussion um gesunde Ernährung hauptsächlich um die Verringerung ungesunder Lebensmittel, so Ashkan Afshin, einer der Studienautoren der Global Burden of Diseases, Injuries and Risk Factors Study. Die Untersuchung zeige, „dass auf der Bevölkerungsebene eine niedrige Aufnahme von gesunden Lebensmitteln der wichtigere Faktor ist und nicht die hohe Aufnahme ungesunder Lebensmittel.“
In den letzten Jahren wurden unzählige Studien durchgeführt, um herauszufinden, wie sich Ernährungsfaktoren auf Krankheitsrisiken auswirken. „Diese Bemühungen waren zwar nützlich, wiesen jedoch mehrere Einschränkungen auf“, schreiben die Autoren eines aktuellen Fachartikels. Grund dafür seien ungenaue Charakterisierung der Lebensmittel und wenig repräsentative Daten zum Konsum. In der aktuellen Studie wurden deshalb Kohortendaten aus 195 Ländern im Intervall zwischen 1990 und 2017 systematisch analysiert. Sie konzentrierten sich dabei auf den Einfluss spezifischer Ernährungkomponenten.
Umfangreiche Daten aus 195 Ländern
Zu den untersuchten Komponenten gehörten Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse, Vollkornprodukte, Milch und Omega-3-Fettsäuren, die von den Wissenschaftlern als gesund eingestuft wurden. Rotes und verarbeitetes Fleisch, Zucker, Transfettsäuren und Natrium gelten als ungesund. Die Forscher arbeiteten mit prospektiven Studien, um den Einfluss ernährungsspezifischer Parameter auf die Morbidität und die Mortalität zu untersuchen. Eingeschlossen wurden Probanden ab 25 Jahren. Alle Resultate wurden auf die Weltbevölkerung übertragen.
Empfehlungen zur Menge basieren auf Leitlinien. Im Durchschnitt verspeisten Verbraucher nur 12 Prozent der empfohlenen Menge an Nüssen und Samen (durchschnittlich etwa 3 g pro Tag im Vergleich zur Empfehlung von 21 g pro Tag) und tranken etwa das Zehnfache der ratsamen Menge zuckerhaltiger Softdrinks (49 g versus 3 g Zucker). Darüber hinaus konsumierten sie 16 Prozent der empfohlenen Milchmenge (durchschnittlich 71 g pro Tag, verglichen mit 435 g) und 23 Prozent der empfohlenen Vollkornmenge (29 g pro Tag versus 125 g pro Tag). Bei verarbeitetem Fleisch waren es 90 Prozent mehr als empfohlen (durchschnittlich 4 g versus 2 g pro Tag). Hinzu kam 86 Prozent mehr Natrium als ratsam (durchschnittlich 6 g versus 3 g pro Tag).
Jeder fünfte Todesfall wäre vermeidbar
Diese Trends bleiben nicht ohne Folgen: Epidemiologen fanden anhand von Sterberegistern heraus, dass jeder fünfte Todesfall in 2017, sprich 11 Millionen, mit schlechten Ernährungsgewohnheiten assoziiert war. Dazu zählten 10 Millionen Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, 913.000 Krebstodesfälle und fast 339.000 Todesfälle durch Typ-2-Diabetes. Hinzu kommen 255 Millionen DALY(disability-adjusted life years), also in Krankheit gelebte Jahre. Mehr als die Hälfte der ernährungsbedingten Todesfälle waren auf eine hohe Aufnahme von Natrium (3 Millionen Todesfälle), eine geringe Aufnahme von Vollkorn (3 Millionen) und eine geringe Aufnahme von Obst (2 Millionen) zurückzuführen.
Methodische Einschränkungen
Noch ein Blick auf die Details. Bekanntlich zeigen Daten aus Kohorten nur Assoziationen, aber keine Kausalitäten. Die Autoren geben als weitere Einschränkungen an, dass sie nicht aus allen Ländern und zu allen untersuchten Ernährungsfaktoren hochwertige Daten bekommen konnten. Außerdem wurden meist Bevölkerungsgruppen europäischer Abstammung untersucht. Und nicht zuletzt sei die Evidenz aus Ernährungsstudien schwächer als aus Studien, die beispielsweise Effekte von Tabak auf die Gesundheit untersuchen. Deshalb warnen die Autoren, ihre Ergebnisse stark zu verallgemeinern.
Als Signal in Richtung Prävention verstehen sie ihre Ergebnisse aber durchaus: „Diese Studie bestätigt, was wir seit Jahren annehmen – eine schlechte Ernährung ist für mehr Todesfälle verantwortlich als jeder andere Risikofaktor auf der Welt“, kommentiert Studienautor Dr. Christopher Murray von der University of Washington. Er fordert, Risikofaktoren wie viel Natrium, wenig Vollkornprodukte, wenig Obst oder Nüsse stärker als bislang zu berücksichtigen.
Ein Artikel der neuen Doc Check.